GELESEN | Ivar Leon Menger, John Beckmann, Christopher Tauber: Die drei ??? - Das Dorf der Teufel

Never change a winning team.

Das gilt für die drei Fragezeichen - Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews - ebenso wie für das Team, das für den Kosmos-Verlag die Graphic Novels der ewig jungen Detektive erschafft: Wie schon bei "Die drei ??? und der dreiäugige Totenkopf" 2015 erzählen auch diese zweite Geschichte die Autoren Ivar Leon Menger und John Beckmann. Die Illustrationen stammen erneut von Christopher Tauber, Sprechblasen und Lettering von Asja Wiegand.

Also same same but different? Irgendwie schon. Aber vor allem: noch besser! Folgt mir ins Dorf der Teufel!

Darum geht es

Die drei Detektive kehren gerade von ihrem letzten Fall aus Peru (wow!) zurück und geraten nahtlos in einen neuen. Denn gleich im Auto des sie abholenden getreuen Chauffeurs Morton, der hier ebenso überraschender- wie erfreulicherweise eine große Rolle spielt, entdecken sie ein Amulett. Dieses bringt sie auf die Spur von Daniel Jacobson, einem Kunden und Freund von Morton. (Eine weitere Überraschung: der Chauffeur, von dem man in rund 200 Folgen der drei ??? nur sehr wenig erfuhr, hat tatsächlich Freunde!)

 

Die drei ??? fackeln nicht lange und fahren mit Morton in dessen schwarzem Rolls-Royce in das sehr abgelegene Örtchen Redwood Falls. Dort fühlen sie sich dort nicht nur wie in einer fremden Welt, sondern auch wie in einer längst vergangenen Zeit: In Redwood Falls wird jeglicher technischer Fortschritt entschieden abgelehnt. So fährt man dort ausschließlich mit der Pferdekutsche; Strom und anderen neumodischen Kram gibt es nicht. (Das könnte ein Problem werden fürs Bobs Smartphone, mit dem er doch so gerne seine Recherchen unterwegs anstellt und das den dreien schon in der letzten Graphic Novel wichtige Dienste leistete, das ahnt man gleich.)

 

Die Bewohner des seltsamen Dorfs sind zwar unerwartet gastfreundlich, doch in der Nacht - der sogenannten Nacht der Teufel, ausgerechnet! - geschieht etwas äußerst Gruseliges. Gleich am Morgen reisen die drei Detektive etwas verstört ab, mit jeder Menge rätselhafter Erlebnisse und unbeantworteter Fragen im Gepäck, jedoch ohne den gesuchten Daniel Jacobson gefunden zu haben.

 

Dass das nicht so bleiben kann, liegt auf der Hand. Und so kehren die drei zurück und stellen sich den teuflischen Wesen, die des Nachts in Redwood Falls umgehen … 

Lese(t)räumchen meint

(c) Christopher Tauber
(c) Christopher Tauber

Juchhu - die berühmte Visitenkarte ist jetzt schwarz, mit den Fragezeichen in Weiß, Rot und Blau, so wie man sie kennt und liebt. Okay, das ist nur ein Detail, wenn auch ein durchaus wichtiges. Aber natürlich gibt es noch sehr viel mehr Beachtenswertes.

 

Denn klar ist: Geht man nach einem erfolgreich bewältigten Wagnis – der ersten Graphic Novel (hier umfangreich von mir besprochen) – in die Verlängerung, muss man sich gut überlegen, was man beibehält und wo man sich wie weiterentwickelt. Das haben der Verlag, die Autoren und der Zeichner deutlich erkennbar getan. Here we go!

Die Zeichnungen von Christopher Tauber:

 

Exakt zwei Jahre sind seit dem Veröffentlichungstermin der ersten Graphic Novel vergangen. In „Das Dorf der Teufel“ einzutauchen, ist nun ein bisschen wie nach langer Reise nach Hause zu kommen. Die drei Detektive als gezeichnete Figuren sind bekannt und vertraut, und das, obwohl sich Zeichenstil und Farbgebung verändert haben, in sehr positivem Sinne. Die Linien sind zarter (zum Teil fehlen Konturen ganz, was mir sehr gut gefällt), die Zeichnungen dadurch detaillierter. Insgesamt finde ich die drei Protagonisten im neuen Look noch ein ganzes Stück sympathischer.

 

Was man aber auf den ersten Blick sieht: Zum alleinig eingesetzten Graublau aus Band 1 sind weitere Farben dazugekommen - ein waldiges Grün und ein teuflisches Rot, beides sehr effektvoll eingesetzt (wenngleich diese Farben im Druck nicht so brillant rauskommen können wie auf einer Website). Die Szenen mit den Teufelsfiguren sehen dadurch extrem gruselig aus. Viele der Zeichnungen wirken wie filigrane Linolschnitte - ganz großartig.

 

Die zeichnerische Erzählweise ist nochmal dynamischer geworden: Viele Perspektivenwechsel sorgen dafür, dass das Auge nie zu schnell über die Panels huscht, sondern sich immer wieder neu in eine Szene einfinden und Neues entdecken kann. 

 

Witzige kleine Anspielungen im Bildhintergrund gibt es auch hier wieder, allerdings bei Weitem nicht so viele wie im ersten Band; das gibt der karge Handlungsort einfach nicht her. Die erste Entdeckung gleich auf der zweiten Seite der Geschichte verrate ich hier aber mal: Da trägt ein Mann am Flughafen ein T-Shirt mit der Aufschrift „EUROPA“, also dem Label, das seit über drei Jahrzehnten die „Die drei ???“-Hörspiele herausbringt. Nice! 

 

Ein sechsseitiges Making-Of am Ende des Buchs erlaubt - wie im ersten Band - kleine Einblicke in die Entstehung der Teufelsfiguren und von Morton und zeigt unter anderem vier alternative Versionen des Titelbildes. Von diesen Einblicken hätte ich gerne noch viiiel mehr gehabt!

 

Damit ihr einen Eindruck von den Zeichnungen bekommt, seht ihr auf dieser Seite in zwei kleinen Galerien (Danke an Christopher, dass ich sie hier zeigen darf!). Außerdem kann ich euch folgendes ans Herz legen:

1. Hier landet ihr auf der Website von Christopher Tauber.

2. Und hier geht's zu einer mehrseitigen Leseprobe auf der Website des Komos-Verlags (inkl. erstem Blick auf Morton!). Viel Spaß beim Anschauen!

Die Story von Ivar Leon Menger und John Beckmann:

 

Agierten die drei Detektive im ersten Band noch von ihrer heimischen Zentrale auf dem Schrottplatz aka Gebrauchtwarencenter aus (was mutig war, weil natürlich auch jeder ???-Leser und -Hörer davon eigene Bilder im Kopf hatte), verlassen sie nun die Stadt gleich zu Beginn der Geschichte und kehren erst nach dem Abschlusslacher nach Rocky Beach zurück.

 

Das abgelegene und unheimliche Örtchen Redwood Falls ist definitiv eine top Kulisse für einen Kriminalfall und verbreitet wohligen Grusel. Insgesamt ist die Geschichte düsterer als die erste - inhaltlich und optisch. Wegen der wenigen handelnden Personen und dem Dorf als Haupt-Handlungsort hat sie etwas Kammerspielartiges, was mir persönlich äußerst gut gefällt. 

 

Wie auch im ersten Band finde ich die Dynamik zwischen den drei Detektiven tollstens dargestellt. Man erlebt, wie unglaublich gut die Drei sich kennen, wie sie sich auf der Basis ihrer langen Vertrautheit freundschaftlich verspotten und die Eigenheiten des anderen auf die Schippe nehmen.

 

Für ???-Fans ist das wirklich ein großer Spaß. Gleich am Anfang kommt eine meiner Lieblingsszenen im Rahmen einer Kabbelei auf der Rückbank.  

Ganz großartig finde ich die wichtige Rolle von Chauffeur Morton. Erstens ist er hier jünger (und attraktiver!), als ich ihn mir von den Hörspielen und Büchern her vorgestellt hatte, außerdem weitaus dynamischer und aktiver. Kein bisschen der devote, vermeintlich ältliche "Sehr wohl, die Herrschaften"-Diener. (Bei den Überlegungen dazu, wie Morton wohl aussehen könnte, wäre ich gern dabei gewesen!) Dass er in dieser Geschichte außer seinem Rolls-Royce (dem leider Schlimmes widerfährt) auch noch ein ganz anderes Gefährt steuern darf, ist ein kleines Highlight am Rande. Love it! 

 

Die Auflösung des Rätsels finden die Detektive diesmal nicht durch Scharfsinn oder akribische Recherche heraus. Klarheit liefert erst ein umfassendes Geständnis. Dabei werden Personen enttarnt und ein überraschendes Motiv kommt zum Vorschein.

 

Der Nachspann zeigt die Jungs wieder zurück an ihrer Basis: vor ihrer Zentrale auf dem Schrottplatz im sonnigen Rocky Beach. Aber wir wissen ja: Nach dem Fall ist vor dem Fall. Und der nächste wird nicht lange auf sich warten lassen für die unvergleichlichen drei Fragezeichen. -> hier gerne einen zusätzlichen Abschlusslacher vorstellen! <- ;)

Fazit

Mit "Die drei ??? - Das Dorf der Teufel" ist die Graphic Novel ist endgültig in der "Die drei ???"-Welt angekommen. Weniger verspielt mit dem Fragezeichen-Kult kokettierend als "Der dreiäugige Totenkopf" ist diese zweite Folge, spannender, ja, sogar richtig gruselig. Optisch noch überzeugender, irgendwie selbstbewusster.

 

Die Geschichte ist spannend und überraschend; schnörkellos und dabei mit viel Interesse und Empathie für ihre Akteure erzählt.

 

Dass alle Beteiligten wieder mit viel Spaß, aber auch Respekt und Ernsthaftigkeit bei der Arbeit waren und sich nicht auf dem Erfolg des ersten Teils auszuruhen gedachten, ist sichtbar und spürbar. Entsprechend überzeugend ist das Ergebnis.

 

Meinen Schlusssatz übernehme ich einfach direkt aus der Besprechung des ersten Bandes, denn er passt auch hier wieder: "Und jawohl: Ich hoffe auf weitere Graphic Novels!"

 

PS: Nachdem wir in "Das Dorf der Teufel" nun Morton kennenlernen durften, möchte ich im nächsten Band bitte unbedingt Skinny Norris ins Angesicht blicken können! :)

 

 

Alle hier verwendeten Zeichnungen mit freundlicher Genehmigung von Christopher Tauber (www.piwimonium.de).


Steckbrief

"Die drei ??? - Das Dorf der Teufel". Eine Graphic Novel von Ivar Leon Menger und John Beckmann. Illustriert von Christopher Tauber.  

 

Umfang: 128 Seiten

Preis: 16,99 €

Verlag: KOSMOS

Erscheinungsdatum: 7. September 2017

Altersempfehlung des Verlags: Ab 10 Jahren

 

Hier geht's zur Leseprobe auf der Website des Verlags.

 


Das passt dazu

Christoph Dittert:
Die drei ??? - Bobs Archiv

Besprechung folgt


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